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„Alter Rabe Alkohol – Einsichten aus einem Entzug“ von Heyne Winterfeldt |
Covergestaltung: Bernd Streiter & Enrico Keydel ISBN 978-3-935259-64-4 |
Der Doktor hat mich von allen Therapien befreit. Keine Gruppensitzungen, keine Körbe flechten, keine Knetereien mit Ton. Er hat mir einen Block gegeben, einen Kolleg-Block mit Ringheftung. Achtzig Blatt kariertes Papier, also hundertsechzig Seiten. Hat mir das Ding über den Tisch hingeworfen und gesagt, ich soll mich irgendwo hinsetzen und eine Revision meines Lebens aufschreiben. Bleistift reicht. Ich soll darstellen, wie alles gekommen ist und weshalb ich meine, ich wäre am Ende. Ist das in Ruhe fertig, liest er sich alles durch, und dann reden wir.
Schöner Scheiß, habe ich erst gedacht, hast ja nie viel aufgeschrieben im Leben. Der Doc hat wohl gesehen, daß ich skeptisch war, und dann gemeint: Denken Sie dran, daß Sie wegen einer gerichtlichen Auflage hier sind. Irgendwo dräut der Staatsanwalt. Versuchen Sie es lieber. Sie haben Zeit. Sie müssen an keinen anderen Maßnahmen teilnehmen. Investieren Sie Mühe, dann kommen wir mit Ihnen voran und hauen sie raus. Sie dürften jemand sein, der mit dieser Art des Vorgehens zurechtkommt. An viele andere hier kommen wir doch gar nicht mehr heran. Los, geben Sie sich einen Ruck und schreiben Sie. Das ist manchmal besser als nur zu reden. In Ihrem Fall ganz bestimmt.
Also habe ich mich hingesetzt. Zuerst im Fernsehraum, aber
das Gelaber da ging mir genauso auf den Sack wie die ganze
Scheiße, die die Ballerköppe an der Glotze einstellten. Ein Sender
dämlicher als der andere, so als wollten die sich das bißchen
verbliebenen Verstand noch wegknallen. Dann habe ich auf meinem
Bett gesessen, das ging; aber als ich so zu schreiben anfing, hat es
mich derart überfallen, weil um mich herum die Gespenster
aufstanden, die ich im Leben gerufen oder fabriziert habe, und deswegen
mußte ich raus. In der Enge da drin wurde es unheimlich. Ich
hockte wie in einer Hochdruckkammer. Draußen aber verflüchtigen
sich die Monster und greifen nicht mehr an.
Ist ja immer noch Sommer. Also bin ich in der Raucherecke,
wo den ganzen Tag der Wikinger rumläuft und die Leute mit
seinem FC Bayern und dem VW Touareg nervt. Aber weil er immer
dasselbe erzählt, hört man den bald nicht mehr, denn was er so
labert, ist wie ein Geräusch, das immer vor sich hinsummt.
Antworten oder Gespräche interessieren ihn gar nicht. Der steckt in sich
fest und dreht seinen eigenen Film. Das ist ja gerade das Irre.
Natürlich hat der mich genauso vollgesülzt wie alle anderen. Ich
war ein gefundenes Fressen, weil ich dort schön im Schatten
sitzenblieb, die anderen aber kamen und gingen. Als er mit seinem
Text neben mir ein paarmal durch war, hatte er sich an mich
gewöhnt, so wie ich mich an ihn. Und seitdem sind wir beide immer
hier und ziehen, jeder für sich, unser Ding durch. Er läuft also zu
jedem hin und erzählt den ganzen Tag den gleichen hirnrissigen
Kram, späht ab und an hoch zu den Ärzten, weil er ja angeblich auf
seine Gutachten für die Rente oder die geschlossenes Abteilung
wartet, und ich, ich schreibe.
Ich weiß, daß ich nicht besser bin als er. Er erzählt seinen
Stuß, und ich schreibe weiter. Das wirkt auf ihn bestimmt genauso
bekloppt wie sein Gefasel auf mich. Solche können miteinander
umgehen, sozusagen auf parallelen Bahnen. Und wer hier vorbeikommt,
der kennt uns, den Wikinger, diese Labertasche, und mich, den
Schreiber. Kommen ja alle mal her, der Fähnrich, Petra, Großväterchen
Frost und diese frühalte aufgetakelte Diva aus dem Einzelzimmer
für Privatpatienten, die sich für was Besseres hält. Immer
aufgedonnert und ganz so drauf, als hätte sie nie eine Problem mit
Fusel gehabt. Dabei muß die in eine ganz dreckige Pfütze gefallen
sein, irgendwo vor ihrem Schloß. So erlebe ich eine Art Karneval
der Beschädigten. Wer richtig gesoffen hat, der raucht auch
richtig...
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Warum trinken, wenn man doch davon betrunken wird? Natürlich gerade deshalb, als Wahrnehmungsfilter. Wir alle müssen trinken. Aber saufen wir uns auch alle die Sinne zu? Wo ist die Grenze, der schmale Grat zwischen Genuss und Sucht und wo führt das hin und was steckt dahinter? Gibt es eine Philosophie des Saufens? Wie oft trinkst du? Was hast du mit Alkohol zu tun? Und wer von deinen Freunden, Kollegen, Bekannten oder in deiner Familie, schaut gern mal zu tief in die Flasche? Kann man aus der Sucht, dem unstillbaren Verlangen, wieder herausklettern? Und wieso hilft Laufen gegen das Saufen?
Freundlich textet der zahnlose Bettnachbar mit Berliner Akzent den frisch eingelieferten Patienten zu. Die Oberschwester berichtet über den charmanten, aber doch unnahbaren Chefarzt der Entzugsklinik, der selber gern mal einen Wein trinkt und Genussraucher ist. Die Anwältin, Dr. jur., die sich für was besseres hält, schimpft über ihren Mann und erzählt, was sie sich für die Zeit nach dem Entzug vorgenommen hat. Natürlich muss sich was ändern. - Und wer trifft sich noch im geistigen Zentrum der Klinik in der Raucherecke? Oder was denkt die Putzfrau über die Sauereien, die sie tagtäglich wegmachen muss?
Ein Erfahrungsbericht? Hat denn nicht jeder Erfahrung mit dem Alten Raben Alkohol? Flog er vorbei? Ist es ein Sachbuch? - Vielleicht eher ein poetischer Reiseführer durch die Entzugsklinik Grauenbrietzen bis hin zur Stammkneipe des Schreibers und seiner Wohnung als Rückzugshöhle während der nassen Bommerlunderwochen. Aber auch im Lehrerzimmer der Entgiftung gilt es, die blaue Fahne zu verbergen...
»Alter Rabe Alkohol« beschreibt die Sucht poetisch und amüsant aus zehn Blickwinkeln von Menschen, die mit der Klinik und dem Alkohol zu tun haben. Dazwischen sind wunderbare Gedichte vom Suff eingestreut. Der Autor war Quartalssäufer und legt mit diesem Buch sein fulminantes Debüt vor.
Auszug aus dem 2. Kapitel „Grauenbrietzen“
„Wir sind hier, weil es letztlich kein Entrinnen vor uns selbst gibt.
Solange der Mensch sich nicht selbst in den Augen und Herzen seiner
Mitmenschen begegnet, ist er auf der Flucht. Solange er nicht zuläßt,
daß seine Mitmenschen an seinem Innersten teilhaben, gibt es für ihn
keine Geborgenheit. Solange er sich fürchtet, durchschaut zu werden, kann
er weder sich noch andere erkennen - er wird allein sein.
Wo können wir solch einen Spiegel finden, wenn nicht in unseren
Nächsten? Hier in der Gemeinschaft kann ein Mensch erst richtig klar
über sich werden und sich nicht mehr als den Riesen seiner Träume oder
den Zwerg seiner Ängste sehen, sondern als Mensch, der - Teil eines
Ganzen - zu ihrem Wohl seinen Beitrag leistet. In solchem Boden können
wir Wurzeln schlagen und wachsen; nicht mehr allein - wie im Tod -
sondern lebendig als Mensch unter Menschen.“
Richard Beauvais (1964)
I. Nachts
Mein Engel vom lichtgleißenden Flur, draußen vor der Tür, wo im Hellen das weiße Personal patroulliert, Cherubime und Seraphime, die medizinisch routiniert über unsere Delirien wachen.
Mein Engel, die Nachtschwester, die im Gegenlicht schwarz wie ein Scherenschnitt eintritt, während ich fern des Schlafs vor mich hin vibriere, durchrieselt vom Adrenalin, das mich so fickrig macht, gefangen in der Schnarchblase meines fetten zahnlosen Bettnachbarn.
Eigentlich müßte ich rasen wie ein Tier, ein flüchtendes oder angreifendes, andere zerreißendes, tief hineinjagen in finstere Wälder, gehetzt von der Überdosis Streß im Geäder, alle Fibern zum Zerreißen gespannt.
Aber ich stecke fest in diesem Zoo versammelter Häßlichkeiten. Sie sagen: Sie können jederzeit gehen, Herr Sowieso, wenn Sie die Therapie abbrechen wollen, gegen unseren Rat. Aber wie weit denn will einer wie ich kommen, wenn ihm der Weg in den Waschraum wie der Fußmarsch in eine fremde entlegene Stadt erscheint, die man nur entlang kalter leerer Straßen mühselig erreicht, und wenn der einzige Lebenswunsch, der verblieb, jener nach einer Zigarette ist, die man zugereicht bekommt als letzten Trost vor der Hinrichtung?
Die Nachtschwester, die aus dem Kunstlicht der Leuchtstoffsonne herabsteigt,ein wunderschöner Alien an der Skelettküste des Entzugs, erschienen in einer Gloriole aus dem Douglas-Duft der Shopping-Center in dieser nach verendenden Tieren stinkende Dornsavanne verstummender Lust.
Nachtschwester, denke ich, was für ein schönes, frisch gewaschenes Wort ätherischer Reinheit! Und sie setzt sich mit dem prallen Halbrund ihres famosen Aerobic-Pos sogar auf meine Bettkante nieder, landet also – so nah, so fern – auf der Insel des Unseligen wie ein Raumschiff, das mit empfindlichen Sensoren den Grad der Lebensfeindlichkeit vergifteten Terrains messen muß, meine verheerenden, katastrophalen, alarmierenden Werte.
Aber sie ist kein Apparat, obwohl sie etwas technisch duftet, sondern ein Wesen, das ich nie und nimmer berühren dürfte. Gnädig genug, daß sie sich mir Paria nähert! Des Guten doch schon zuviel!
Sie ist wie ein frisch geschlüpftes Insekt, so zart, ein Hautflügler, im Licht draußen wohl schillernd, so fein und noch gar nicht ausgehärtet wie unsereiner, der allen Dreck um sich her zu einem knackenden Außenskelett versammelte, weil er doch eigentlich ein Weichtier ist.
Aber sie, sie ist ein Nymphlein, ein Feechen, das mich in der Finsternis für ein Monstrum halten muß. Deshalb bringt sie sich einen Photonenschwarm Flurlicht als Feuerschutz mit.
Oh weh, wenn ich nur die Hand, nur einen Gedanken nach ihr ausstreckte, müßte sie wohl die kräftigen feisten Wärter rufen, ihre ruhigen stiernackigen Büttel!
ES HAT MICH ANGEFASST! IGITT!
ES IST NOCH DA DRINNEN, IN ZIMMER SECHS!
ES KAM GESTERN MIT ÜBER DREI PROMILLE HIER AN!
ES HAT MICH BERÜHRT! DESINFIZIERT MICH!
HOLT ES DA RAUS UND SCHLAGT ES BLOSS TOT!
Wortlos greift sie nach meinem Arm, fühlt jetzt kalten Schweiß, tastet den Puls und zählt kopfnickend mit Blick auf ihre winzige Uhr, hält mir ein Thermometer ins Ohr, bis es piept, trägt schweigend Ziffern in eine Tabelle ein, vermutlich alles in Rot und mit kleinen Totenköpfen, das Klemmbrett aufrecht im Schoß, schlingt mir eine Manschette um, dort, wo früher ein respektabler Bizeps war, pumpt auf, mißt den Druck meines schwarzen öligen Blutes, hinter dem mein Herz trommelt wie ein berauschter glänzender Voodoo-Neger.
Sie sieht mich nicht an, dann blickt sie heimwärts ins Licht, zum Flur, will zurück zu ihresgleichen, zurück in die glänzenden Sphären, aber spricht plötzlich mit kristallener Stimme:
Sagen Sie mir, welcher Tag heute ist!
Donnerstag wohl. (Sie schweigt.)
Und wo befinden Sie sich hier?
Im Johanniter-Krankenhaus Grauenbrietzen.
Psychiatrische Abteilung. (Sie schweigt.)
Weshalb sind Sie hier?
Ich hatte mich festgesoffen und wußte nicht weiter.
Kam hier an mit einem Plastikbeutel und dreikommafünf Promille. (Sie schweigt.)
Sehen Sie Tiere im Raum?
Nein, keine Tiere. Tiere nicht.
Was dann?
Sie. Und den schnarchenden Mann da drüben im Bett. (Sie schweigt.)
Sie prüft den Sitz der Flexüle in der Vene meines Handrückens.
Allzu leutselig ich: Wozu, bitte, muß die sein?
Wenn Sie schocken, kommen Sie damit an die Infusion!
Aha, denke ich, damit ich dann hier in meiner Hölle
nicht noch versteinere...
Sie sagt: Gute Nacht!
Sie sagt nicht wie alle anderen Engel: Fürchte dich nicht!
Sie weiß, daß ich wachen werde,
da ich nicht weniger als den Tod fürchte,
so ohne einen erlösenden Schluck.
Es muß ihr einerlei sein. Sie tut ihre Pflicht.
Das ist viel gegenüber so einem,
mehr darf man nicht verlangen!
Wir sind hier nun mal nicht an der Bar, mein Engel und ich.
In zwei Stunden kehrt sie zurück,
pünktlich wie ein todschickes Gespenst
aus der Mitte des Lichts,
ein Erotikon im Orkus,
die Nachtschwester,
die Nackt-Schwester, denke ich,
ein Fräulein, das ich mit meinen Zangengriffen zerstören könnte,
ich, der ich aus dem alkoholischen Sumpf hervorkroch,
eine Bestie, genährt von Wodka, Whisky, Absinth,
gehärtet im Rauch meiner unzähligen Kippen,
früh schon mit Kräuterlikör die Seele auftauend,
ein Überlebenswunder,
auf das ihre Instrumente eingestellt sind,
ihre Tabellen, ihre Fragen, alle zwei Stunden:
Sehen Sie Tiere im Raum?
Ja, einen bösen Kolkraben
auf dem Waschbecken vorn neben der Tür!
Schicken Sie ihn weg! Weg, weg, weg!
(Sie schreibt.)
Weshalb sind Sie hier?
Ich bin aus dem höchsten, grellsten Orbit gestürzt!
Ursprünglich ein Engel wie Sie!
(Sie schreibt.)
Wo befinden Sie sich?
Hab' gerade die Vorhölle durchquert,
schlage mich weiter ins Innere durch!
(Sie schreibt.)
Welcher Tag ist heute?
Es gibt, verdammt noch mal, keine Tage mehr!
Die Finsternis hat sie gefressen!
(Sie schreibt.)
Dann wird sie auffliegen, noch ein paar Mol
ihres Duftes mir lassen als kleinen Trost,
bis sie telefoniert hat, bis ihre Gorillas erscheinen,
die mich aufheben und forttragen werden,
wie eine Schar Lemuren, durchaus freundlich,
mich einwiegend mit leis meditativem Gesang,
mir ein Schläuchlein an die Flexüle flanschen,
durch das heiß der neue Morgen einläuft,
wenn sie, die Nachtschwester, Schichtende hat
und heimfährt, anonym und schick,
in einem Bus mit leuchtender Nummer,
heim in ihre schützenden Gemächer, wo sie sich duscht, lange duscht,
bevor sie ihren himmlischen Bräutigam empfängt
und sich mit ihm verpuppt.
Ah, ah, ah!
II. Der Nachbar
Die Stimme vom Nachbarbett, die zahnlose:
Morjen, Alta! Sach ma', bist du der mit dreikommafünf von heut Nacht? Ick hab
da ja sogar noch stolz're Werte jegört. Alle Achtung! Biste der?
Ja.
Denn bleib ma' bloß liejen! Wer soviel auf'm Kessel hatte, für den wird hier serviert. Freu dir doch! Für dir wird serviert! Ick kenn dit. Ick bin schon zum neunten Mal drin. Ab drei Promille wird hier serviert. Selbst wenn de hier uffrecht rin bist. Gibt sogar solche, die komm` noch selbst mit Auto vorjefahrn. Fährt sich für unserenen ja besser mit Pulle als ohne, wa? – Wolltst sogar noch Kippen kofen, hab' ick jehört. Cool! Gerade rin hier, aber erst ma Kippen besorjen, noch bevor der Arzt dir untersucht hat, wa? Kenn ick, kenn ick, kenn ick ja allet, mein Bester. Na, müssen ma mal sehen, ob sich da wat machen läßt. Denn du darfst heute wegen die Ärzte `n janzen ersten Tach jar nich hoch. Und die Schwestern passen da uff dir uff! Immer schön in dein` Neste bleiben! Da kannste dir nüscht besorjen. Wo denn och? Kippenautomat ham die hier nich, und raus kommste nich, wenn de dir nich gleich janz verabschieden willst. Aber ick bin ja da und seh denn mal zu. Hat denn die Nachtschwester nach dir jekiekt? Ick krieg det nachts bei die janzen Pillen jar nich mehr mit. War die denn hier drin?
Ja.
Is `ne janz Schicke, nich? Die man jern ma jevöjelt hätte, wenn man nich so'n schlimmet Wrack wär', wa? Und wie die riecht, nich wahr? Da hast von der gleich so richtig die Nase voll. Hmmm! Und er schnüffelt in die Leere hinein.
Ja, ein Gewirr von Heckenrosen.
Du sachst det, mein Bester, du sachst det, mein lieber Poet.
Er erhebt sich und schüttelt an seiner Bettdecke. Ein Adipositas-Herkules im angegrauten Feinripp, Slip leicht gegilbt. Feiner Kerl.
Bleib du bloß liejen, Alta. Kieck mal, die haben dir gleich `ne Ente an dein Bette gesteckt, daß de nich mal zum Pissen hoch mußt. Darfste nich. Immer schön in dit Plasteviech pissen, denn die stellen dir `ne Menge Wasserpullen hin, wenn de schon keene Infusion an deinen Nippel da inne Ader krichst. Ick hab dir det jesacht, droht er mit dem Finger, für dir wird gleich serviert! Und ick geh denn och ma wat essen, denn von nix kommt ja nix. Hab' wochenlang nix runterjekricht, ohne dat ick mir noch `n Schwapp Jägermeister beijejossen hab', verstehste? Na, wirst dir ja selber jut jenuch auskennen in unsre Branche, sonst hätten se dir jar nich hierbehalten. Wat red' und red' ick da nur? Also bei mir is allet im Arsch: Haus, Familie, Leber. Na, lassen wa ditte. Gerade noch jlatt vorbei an die Pankreatitis. Glück muß man haben! Will dir ja nich mit meinen Scheißkram gleich nerven. - Kann ick dir schon ma' wat mitbringen, Alta?
Ich würde nur gern rauchen.
Ja, ick weeß doch! Laß Papa ma machen. Mir schließt die
eene Schwester immer so'n Rotkreuzraum uff, wo se det Fenster
extra für mir anklappt. So aus reine Menschlichkeit, verstehste?
Geht allet nur uff kipp, det Fenster, weeßte? Suizidjefahr im janzen
Bereich!
Wir beede sind ja hier noch lange nich die härtesten Kader.
Uff den Kutter hier fahr'n noch janz andre Kräfte mit. Sei bloß
froh, dat für dir serviert wird! Der janze Frühstücksraum is det
reine Irrenhaus. Am besten du kiekst da jar keenen an. Denn
schreit gleich eener los. Nich ma die Weiber sind hier janz knusper
inne Birne. Da is' sogar `ne ganz Feine drunter. Ne Anwältin, hab'
ick jehört. Siehste! Die säuft och, janz jenau wie du und icke.
Aber die Weiber, sach ick dir, die können noch schlimma
austicken, weil die gleich denken, eener macht die an. Also guck lieber
immer schön uff dein Tellerchen. Oder setz dir zum Wikinger.
Der sieht nur so jefährlich aus, aber der is wie'n Schaf, wie'n
Schaf. Oder du pflanzt dir zu Großväterchen Frost und hörst dir
sein Geflenne über sein vermasselten Selbstmord an. Is aber immer
detselbe. Kennste ja. Aber du darfst ja sowieso nich hoch, wa? Scheiße
nu mal. _ Paß uff, wenn die nachher hier mit ihr`n janzen Zauber
durch sind, Visite und so, dann mach ick hier einfach det Fenster da
uff. Geht och nur uff kipp, weil wa uns ja nich gleich aus'm
zweeten Stock stürzen sollen, verstehste? Dann paffst de ma eene von
meinen hier raus, dat de erst mal Ruhe findst, wa? Is aber dein eijnet
Risiko, Alta, verstehste? Ick will hier keen Ärger. Die sachen
sowieso, dat det mit mir nüscht mehr wird. Neunmal hier
drinne. Hör mir uff! Könn' och glatt zehn oder elf jewesen sinn. Öfter
war keener! Meine Kasse kotzt schon gewaltig ab. Psychiatrie
wird verdammt teuer für die.
Ach, ejal jetz. Mich hat der Nachbar herjekarrt, weil er mir
schon paar Tage nich mehr uff'n Hof jesehen hat. – Aber zu dir,
mein Kleener: Wenn ma jerocht hat, denn is erst ma' wieder `n
Ende besser, nich? Ick kenn' dit. Aber immer mit de Ruhe. Hier
jeht allet `n janz ruhijen Jang. Is ja nicht so wie draußen, wo wa alle
uff Jacht waren nach Stoff, wa? Janzen Tach immer uff Jacht nach
`m neuen Rohr. Wart erst ma ab! Für dir wird jedenfalls heute
serviert! Det krichste zu Hause nich jeboten! Die servier'n dir
gleich dein Stullchen. Aber sehn die dir hier rumlofen, kriegste
Streß! Und rochen sollste eijentlich ja besser och nich. Allet Sucht,
Sucht, Sucht, verstehste? Aber immer noch besser als gleich wieder
lossaufen. Wenn de hier säufst, schmeißen se dir nämlich gleich
raus. Da kenn' die nüscht! Aber saufen kannste draußen ja sowieso
besser. Mußt ja nich hier drin gleich schon mit anfangen, wa? Na,
Papa jeht jetz vor sein Frühstück erst ma uff'n Topp und seilt sein'
Bolzen ab. Ma richtich `n Teufel rauslassen. Uff'n Topp darfste
übrijens och jehen! Da freuen die sich! Die frajen dir nachher gleich:
War Stuhljang, Herr Sowieso?
1 Aperitif
Lechfeld
Selbstvollzug, Rotdornstraße 2
Sonjas Büdchen
2 Grauenbrietzen
I. Nachts
II. Der Nachbar
III. Großväterchen Frost
Kater
IV. Der Wikinger
V. Gruppentherapie
Alkoholische Depression
VI. Der Schreiber
VII. Sie, von draußen
VIII. Der Doktor
2006 Tinto DO/Bodegas Ventura Vega
IX. Die Putzfrau
X. Die Nachtschwester
XI. Ursula
Alkoholischer Verhalt
XII. Brieske & Delcuvé
XIII. Epsilon
Suff
XIV. Der Rabe
3 Absacker
Eppi zu den Vier Linden
Suchtbilanz
Nachsaison
Epilog: Essay Ethanol - vom Laufen & Saufen
„Alter Rabe Alkohol – Einsichten aus einem Entzug“
Hardcover mit dunkelblauem Lesebändchen
248 Seiten
Format 21 x 14,7 x 2,4 cm
Gewicht 440g
ISBN 978-3-935259-64-4 als gedrucktes Buch für 19,95 € in jeder Buchhandlung oder auch bei amazon bestellbar
ISBN 978-3-935259-63-7 als Ebook für alle Reader nur 8,99 €
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